Nachdem ich meine Brücke schon vor vielen, vielen Jahren schlug, werde ich nicht in Einzelheiten gehen, sonst würde meine Geschichte viel zu lange. Meine Familie zog 1954 vom Bayrischen ins Württembergische, genauer gesagt nach Brenz.Nach sechs Semestern Englisch und Spanisch an der Sprachschule in München, begann ich 1964 bei Iberia am Flughafen Frankfurt als "Bodenstewardess", deren Aufgaben schon vor Jahren von Computern und anderen Kommunikationsmitteln übernommen wurden.
Es war höchst interessant, die damals noch in großen Maßen Erstflieger und auch bekannte Persönlichkeiten und Filmstars zum Flugzeug zu begleiten und manchen die Flugangst ein bisschen erträglicher zu machen. Auch mit der Flugzeugabfertigung wurde ich vertraut.
Bei meiner ersten Reise nach Madrid 1965 überkam mich ein unwahrscheinliches Glücksgefühl in dieser besonders fremdenfreundlichen Stadt und ich schwor mir, eines Tages hierher zurück zu kommen
Am 1. Februar 1967 war es dann soweit. Ich landete in Madrid mit einem Vertrag der Lufthansa als "Ticketagent" im Stadtbüro an der Plaza de España. In den Sechzigerjahren, als das Fliegen immer populärer wurde, herrschte bei den Fluggesellschaften ein großer Mangel an Personal mit Sprachkenntnissen. Und gerade Deutsch war in Spanien eher eine Seltenheit. Ich wurde auf Ticketingkursen, erst in Hamburg, dann in Seeheim, im Tarifwesen geschult, denn die Berechnung einer längeren Flugreise basierte auf Meilen – und als erfahrener Ticketagent konnte man viele Aufenthalte einbauen ohne Mehrkosten.
Das ist heute nicht mehr möglich, jede Strecke wird einzeln berechnet und dann sum- „Madrid ist halt miert. Allerdings gab es früher nur Festtarife und nicht die verführerischen Angebote, die sich von Tag zu Tag ändern und heute so verlockend sind. Die "Airliners" aus den Stadtbüros kannten sich alle untereinander. So lernte ich auch Antonio kennen, dessen Bruder bei Canadian Pacific beschäftigt war.
1970 heirateten wir in der katholischen Kirche in Sontheim mit anschließender Feier im Konzerthaus Heidenheim. Im gleichen Jahr begann Antonio mit dem Bau seiner ersten und recht bescheidenen Fabrik für Beschichtung von Arbeitsplatten und bald startete die Produktion. Heute sind es drei Fabriken, und Daniel, unser Erstgeborener (Jahrgang 1973) nimmt seine Aufgabe als Geschäftsführer sehr ernst – zur vollen Zufriedenheit seines Vaters.
Rückblickend ist es kaum zu fassen, dass ich noch acht Jahre lang, bis 1975, das Franco-Regime miterlebt hatte. Allerdings war ich damals kaum an Politik interessiert. Vielleicht auch besser so – denn allzu großes politisches Interesse hätte zu Schwierigkeiten führen können. Antonio dagegen war 1971 Mitbegründer der Wochenzeitschrift "Cambio16", die sich für Pressefreiheit und Demokratie in Spanien einsetzte und damit gegen das herrschende Regime. Der Vertrieb der Zeitschrift wurde einige Male verboten.
1979 kam Pedro zur Welt und 1982 unsere Tochter Ana. Pedro ist Ingenieur für Solartechnik und lebt mit seiner Familie in Florida. Er besucht uns öfters, wenn er geschäftlich in Spanien ist und wir fliegen mindestens zweimal im Jahr nach Florida, um den Kontakt mit den beiden Enkelkindern aufrecht zu erhalten. Ana lebt und arbeitet mit ihrem Ehemann in Madrid.
1976 konnten wir unser neues Haus, etwa 20 Kilometer von Madrid entfernt, beziehen. Wir sehen von hier aus El Escorial und die Berge der Sierra von Madrid, die gerade wieder schneebedeckt sind. Noch vor wenigen Jahren waren wir feste Gäste der beiden Skistationen. Inzwischen hat sich die Begeisterung fürs Skifahren bei mir altersbedingt gelegt.
Als Angestellte einer Fluggesellschaft hatte ich die Möglichkeit, zusammen mit meiner Familie die halbe Welt zu sehen. Diese Reiselust habe ich meiner Tochter vererbt. Erst gestern zählten wir die Länder, die sie beruflich oder privat bereist hat. Es waren über 80! Gerade ist sie in Malta.
Madrid ist eine sehr lebendige Stadt mit einer unbeschreiblichen Leichtigkeit. Die unzähligen Restaurants, Terrassen, Theater, Museen und die Oper, das Teatro Real und allen voran, die Bewohner, die „Madrileños“ machen die Stadt ausgesprochen liebens- und lebenswert. Das Teatro Real wurde 2021 zur „besten Oper der Welt" gekürt und wir behalten auch weiterhin unser Abonnement.
2020 war unser fünfzigster Hochzeitstag, den uns jedoch Corona verpfuschte. Im letzten Sommer holten wir ihn nach. Nach überstandener Covid-Erkrankung traf sich die ganze Famile García mit ihren 13 Mitgliedern in Bodrum/Türkei und verbrachte eine Woche auf einem türkischen Segelschiff. Wir waren ganz unter uns und hatten einen "Heidenspaß" mit unseren Kindern und Enkeln. Oma versuchte beim Baden und Schwimmen mitzuhalten, aber mit wenig Erfolg.
Mindestens einmal im Jahr besuche ich meine Schwester in Niederstotzingen, immer, wenn ich einen meiner spanischen Enkel zum Ferienlager in Österreich bringe. Es ist immer wieder schön, ins Ländle zu reisen, aber Madrid ist halt Madrid.